Gun­zen­hau­sen (red). Simon-Mari­us und der Wett­lauf der Astro­no­men — im 400sten Todes­jahr des berühm­ten Gun­zen­häu­sers erscheint eine erwei­te­re Neu­auf­la­ge sei­nes Haupt­werks „Mun­dus Iovia­lis – Die Welt des Jupi­ter“

Ein anspruchs­vol­les Pro­gramm zum 400sten Todes­tag des gebür­ti­gen Gun­zen­häu­sers und Ans­ba­cher Hof­as­tro­nom hat die Simon-Mari­us-Gesell­schaft auf die Bei­ne gestellt. Ein beson­de­rer Pro­gramm­punkt war dabei die Prä­sen­ta­ti­on der erwei­ter­ten Neu­auf­la­ge von „Mun­dus Iovia­lis – Die Welt des Jupi­ter“ in der Stadt- und Schul­bü­che­rei Gun­zen­hau­sen. Die­ses Haupt­werk des berühm­ten Soh­nes der Stadt war frü­her nur in Aus­zü­gen aus dem Latei­ni­schen über­setzt und des­halb einer brei­te­ren Öffent­lich­keit nur schwer zugäng­lich. Ers­ter Bür­ger­meis­ter Karl-Heinz Fitz freu­te sich, zur Prä­sen­ta­ti­on der zwei­ten Auf­la­ge den Initia­tor der kom­plet­ten Über­set­zung Joa­chim Schlör sowie eini­ge sei­ner frü­he­ren Kol­le­gen aus dem Simon-Mari­us-Gym­na­si­um begrü­ßen zu kön­nen: „Die Akteu­re keh­ren an den Ort ihres Wir­kens zurück!“, sag­te das Stadt­ober­haupt, denn im Schul­jahr 1986/87 war die auf­wän­di­ge Über­set­zung als Schul­pro­jekt unter der Lei­tung von Latein­leh­rer Joa­chim Schlör und mit natur­wis­sen­schaft­li­cher Beglei­tung von Alo­is Wil­der ent­stan­den.

Simon Mari­us, eigent­lich Simon Mayr, wur­de im Jahr 1573 in Gun­zen­hau­sen gebo­ren. Schon bald muss ein ein­fluss­rei­cher För­de­rer auf sei­nen wachen Geist auf­merk­sam gewor­den sein, denn von 1586 bis 1601 besuch­te er die Fürs­ten­schu­le in Heils­bronn, wo er sich beson­ders in der Mathe­ma­tik und in der Astro­no­mie her­vor­tat. Als jun­ger Mann reis­te er eigens nach Prag, um vom berühm­ten Astro­nom Tycho Bra­he zu ler­nen. Bis 1605 stu­dier­te er dann Medi­zin in Padua und hat dort mut­maß­lich auch Gali­leo Gali­lei getrof­fen. Von 1606 an war er bis zu sei­nem Tod 18 Jah­re lang am mark­gräf­li­chen Hof in Ans­bach unter ande­rem für die Erstel­lung von Kalen­dern zustän­dig. Die Ent­de­ckung der Jupi­ter­mon­de hat er in sei­nem Haupt­werk „Mun­dus Iovia­lis – Die Welt des Jupi­ter“ doku­men­tiert, aller­dings hat­te Gali­leo Gali­lei sei­ne Jupi­ter-Beob­ach­tun­gen bereits etwas frü­her ver­öf­fent­licht und es kur­sier­ten schon zu Leb­zei­ten des Simon Mari­us Pla­gi­ats­vor­wür­fe.

Der Wis­sen­schafts­jour­na­list und Prä­si­dent der Simon-Mari­us-Gesell­schaft Pierre Leich hat sich mit der Kon­kur­renz der bei­den Astro­no­men befasst und nahm in sei­nem sehr unter­halt­sa­men Vor­trag das Publi­kum mit zu einem 400 Jah­re alten Wis­sen­schafts­aben­teu­er: Der Ans­ba­cher Hof­ma­the­ma­ti­ker Simon Mari­us und Gali­leo Gali­lei, damals Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät in Padua, erfuh­ren im Jahr 1608 etwa zeit­gleich von der Erfin­dung eines Geräts, das am Ran­de einer Frie­dens­kon­fe­renz in Den Haag der Öffent­lich­keit prä­sen­tiert wur­de: Ein Fern­rohr, ent­wi­ckelt von dem hol­län­di­schen Bril­len­ma­cher Hans Lip­per­hey.

Pierre Leich berich­tet von der span­nen­den ers­ten Etap­pe des wis­sen­schaft­li­chen Wett­be­werbs: Gali­leo Gali­lei hat­te mit Unter­stüt­zung der Glas­hand­wer­ker von Mur­ä­ne schon bald sein Fern­rohr Mar­ke Eigen­bau zur Ver­fü­gung, Simon Mari­us schei­te­re hin­ge­gen am Nach­bau des Den Haa­ger Fern­rohrs und muss­te ein hal­bes Jahr auf die Lie­fe­rung eines gekauf­ten Exem­plars war­ten. 1609 erspäh­te er dann zum ers­ten Mal die Jupi­ter­mon­de und war damit – kaum zu glau­ben – exakt einen Tag spä­ter dran als der Ita­lie­ner Gali­lei! Über Jah­re wid­me­te Simon Mari­us sich dann den Bah­nen der Jupi­ter­mon­de und fer­tig­te detail­rei­che Beob­ach­tungs­ta­bel­len an. Zum ers­ten Mal publi­zier­te er sei­ne Ent­de­ckung der Jupi­ter­mon­de im Jahr 1611. Zu die­sem Zeit­punkt hat­te Gali­leo Gali­lei sei­ne For­schung zu den Jupi­ter­mon­den aber längst publik gemacht. Und auch mit der Ver­öf­fent­li­chung sei­nes Haupt­werks „Mun­dus Iovia­lis“ im Jahr 1614 war ein­fach zu spät dran. Der bereits damals erho­be­ne Vor­wurf, von Gali­lei abge­schrie­ben zu haben, hat Simon Mari­us schon zu Leb­zei­ten belas­tet.

Umso wich­ti­ger ist es für die Simon-Mari­us-Gesell­schaft, dass das zen­tra­le wis­sen­schaft­li­che Mari­us-Werk nun wie­der in einer zwei­spra­chi­gen Aus­ga­be vor­liegt. Zu ver­dan­ken ist dies dem Her­aus­ge­ber Joa­chim Schlör, der gemein­sam mit sei­nem Ver­le­ger Johann Schrenk an der erwei­ter­ten Auf­la­ge gear­bei­tet hat. Bei der Prä­sen­ta­ti­on kam der frü­he­re Latein­leh­rer am Simon-Mari­us-Gym­na­si­um auch auf das Schul­pro­jekt zu spre­chen, in des­sen Zug die Über­set­zung des in Latein ver­fass­ten Ori­gi­nals von „Mun­dus Iovia­lis“ zustan­de kam: Auf Anre­gung sei­nes Kol­le­gen Alo­is Wil­der mach­te sich im Schul­jahr 1986/87 Joa­chim Schlör gemein­sam mit sei­nem dama­li­gen Leis­tungs­kurs Latein ans Über­set­zen des welt­weit in nur etwa 30 Exem­pla­ren ver­füg­ba­ren Ori­gi­nals.

Damals kam die latei­ni­sche Vor­la­ge aus dem Fun­dus des Stadt­ar­chivs Gun­zen­hau­sen zum Zug. Für die aktu­el­le, erwei­ter­te Auf­la­ge wur­de ein Ori­gi­nal aus der Her­zog August Biblio­thek in Wol­fen­büt­tel ver­wen­det. In die­sem hat Simon Mari­us selbst wei­te­re Beob­ach­tun­gen in Tabel­len­form hin­zu­ge­fügt. Ange­hängt hat er damals auch eine recht auf­ge­bracht for­mu­lier­te Erwi­de­rung zu den Pla­gi­ats­vor­wür­fen. Der „Jesu­it Schrei­ner aus Ingol­stadt“ hat den Pro­tes­tan­ten Simon Mari­us der­einst harsch kri­ti­siert und in sei­ner Replik spart Mari­us eben­falls nicht mit kla­ren Wor­ten. Über­setzt hat auch hier Joa­chim Schlör. Wei­ter hat er an eini­gen Stel­len des frü­he­ren Tex­tes nach­ge­bes­sert und man merkt ihm bei der Buch­vor­stel­lung an, wie viel Spaß ihm die­ses Pro­jekt bis heu­te macht.

Erschie­nen ist die Neu­auf­la­ge von „Mun­dus Iovia­lis – Die Welt des Jupi­ter“ im Schrenk Ver­lag zum Preis von 29,-€. ISBN: 978–3‑910284–67‑8

Bild­un­ter­schrift: Fei­er­ten die Neu­auf­la­ge des Haupt­werks von Simon Mari­us: Stadt­ar­chi­var Wer­ner Mühl­h­äu­ßer, der Prä­si­dent der Simon-Mari­us-Gesell­schaft Pierre Leich, Bür­ger­meis­ter Karl-Heinz Fitz und Her­aus­ge­ber Joa­chim Schlör. Foto: Stadt Gunzenhausen/ Babett Gut­h­mann