Feuchtwangen Stadtjubiläum

Das Stadtjubiläum bei den Kreuzgangspielen

FEUCHTWANGEN (RED). Der romanische Kreuzgang mit seinen Arkaden ist Mittelpunkt und Herz der Stadt. Er ist Ursprung und zugleich Ort eines der erfolgreichsten Freilichttheater im deutschsprachigen Raum, der Kreuzgangspiele, die von ihm ihren Namen haben. In diesem Jahr feiert die Stadt ein großes Jubiläum, denn vor 1200 Jahren ist das Benediktinerkloster, das ehemals in diesem Kreuzgang und den angrenzenden Gebäuden beherbergt war, erstmals erwähnt worden. Auch die Kreuzgangspiele tragen diesem einmaligen Jubelfest in ihrem Programm Rechnung.

Hommage an eine vergessene Autorin

Historische Romane sind heute beim lesenden Publikum sehr beliebt. Die LeserInnen tauchen ein in eine vergangene Welt, man fiebert mit Helden und Abenteurern, erlebt den Gang der Geschichte ganz nah und begegnet historischen Persönlichkeiten auf einer persönlichen Ebene. Eine Begründerin des Genres ist die Schriftstellerin Christiane Benedikte Naubert, die über 50 Romane verfasste, die allermeisten von ihnen allerdings anonym veröffentlichte. Sie lebte von 1752 bis 1819, in einer Zeit, in der es nicht üblich war, dass sich Frauen schriftstellerisch betätigten. Ihre Identität und damit ihre Autorschaft wurde erst am Ende ihres Lebens enthüllt: 1817 lüftete K. F. Schütz in der „Zeitschrift für die elegante Welt“ ohne ihre Zustimmung das Inkognito, worauf sie ein Jahr später den letzten Roman „Rosalbe“ (1818) unter ihrem Namen erscheinen ließ.

Ihre Romane fanden von Anfang an große Beachtung – zunächst vermutete man einen gelehrten Mann dahinter. Christiane Benedikte Naubert entwickelt in ihnen ein völlig neues Verhältnis zwischen Geschichtsschreibung und Fiktion, indem sie eine persönliche Geschichte vor dem Hintergrund großer historischer Ereignisse inszeniert. Während sie sich in den Ereignissen an vorhandenen Quellen wie Viten, Chroniken und Urkunden orientiert, entwirft sie mit ihren Figuren lebendige Menschen, die im gesamten Spektrum menschlicher Emotionen agieren und dadurch für das Publikum leichter fassbar werden. Damit ebnete sie den Weg zum modernen historischen Roman, wie er gegenwärtig so viele begeistert.

Zwei historische Figuren, denen die Autorin einen zweibändigen Roman widmet, sind Conrad und Siegfried von Feuchtwangen, beide Hochmeister des Deutschen Ordens mit nachgewiesenen Lebensdaten im 13. und 14. Jahrhundert. Darüber hinaus ist jedoch wenig bekannt. So nutzt Christiane Benedikte Naubert diese Leerstellen in der Überlieferung, um sowohl Conrad als auch Siegfried an zahlreichen historischen Ereignissen teilnehmen zu lassen. Die Hochmeister werden zudem mit vielschichtigen Persönlichkeiten, mit Leidenschaften, Ängsten und persönlichen Schicksalen ausgestattet, so dass man ihnen gern auf ihrem jeweiligen Weg folgen will.

In der Lesung am Samstag, den 20. Juli, um 20.30 Uhr in der Nixel-Scheune soll zum einen der Blick auf die Autorin und ihre Lebens- und Arbeitsumstände geworfen werden, zum anderen möchten wir den Ton ihrer früher sehr erfolgreichen Texte hörbar werden lassen. Wir laden ein zu einer Reise in die Zeit des Hochmittelalters aus der Perspektive einer Schriftstellerin des 18. Jahrhunderts. Es lesen und kommentieren Ulrich Westermann und Dr. Maria Wüstenhagen.

Das große Spiel

Den Abschluss unserer Spielzeit am 18. August 2019 bildet ein „Großes Spiel“ auf dem Marktplatz, das tief in die Geschichte eintaucht und diese lebendig, effektvoll und multimedial inszeniert. Die Regie hat Alexander Ourth übernommen, der bereits 2017 im Jahr des Reformationsjubiläums mit seiner Inszenierung über die fränkische Reformatorin Argula von Grumbach überzeugte, und mit dieser sogar den Theaterpreis der Fränkischen Landeszeitung für herausragende Leistungen gewann.

Anker- und Ausgangspunkt für die Überlegungen zum „Großen Spiel“ war das Theaterstück „Die Glocken von 1648″ von Otto Kindler. Dieser hatte das Stück, das in den letzten Tagen des 30-jährigen Krieges spielt, ursprünglich für die Eröffnung der Kreuzgangspiele 1949 geschrieben. Zur Aufführung kam es dann jedoch nicht, stattdessen spielte man im Gründungsjahr die „Gretchentragödie“ aus Johann Wolfgang von Goethes „Faust I“. Trotzdem war dieser Theatertext nicht vergessen. Aus ihm wurde gelesen und er floss auch immer wieder in verschiedene Veranstaltungen der Kreuzgangspiele mit ein – zuletzt wurde eine Szene daraus in den „Feuchtwanger Miniaturen“ im Mai dieses Jahrs gespielt. Die Inszenierung von Alexander Ourth nimmt diesen Text zwar als Bezugspunkt wahr und denkt ihn mit, allerdings geht sie weit darüber hinaus. Von der Grundidee ausgehend, dass sich große politische Ereignisse der Weltgeschichte immer auch im Kleinen, in den kommunalen und städtischen Strukturen widerspiegeln, entwirft der Regisseur einen Plot, der die bekannten historischen Zusammenhänge präsentiert, zugleich jedoch sowohl in Allegorien strukturell als auch im Einzelschicksal konkret auf die Geschehnisse blickt. Er spannt dabei den Bogen vom Prager Fenstersturz bis hin zum Westfälischen Frieden. Der Krieg, der Tod, die Pest, aber auch die Stadt Feuchtwangen personifiziert als Frau treten auf. Sie alle zeigen, wie universell und überzeitlich Krieg und Gewalt sind. Sie erzählen zwar Geschichte, machen aber auch deutlich, dass diese Geschichte nicht abgeschlossen und vergangen ist, sondern fortdauert und sich in denselben Strukturen immer wieder ereignet. So schauen wir von der Welt auf Feuchtwangen und von Feuchtwangen wieder in die Welt und damit in Gegenwart und Zukunft. In großen beeindruckenden Bildern blicken wir hinein in die Seele der Menschheit, in ihre größten Errungenschaften, aber auch in ihre tiefsten Abgründe. Und wir verstehen, dass es Krieg und Gewalt nur solange gibt, wie wir Menschen ihn machen, und das Frieden nur da entstehen kann, wo er aus tiefstem Herzen gewollt und bewirkt wird. Es liegt an uns. Und genau darin liegt die Hoffnung.

Informationen und Karten zu Kreuzgangspielen gibt es im Kulturbüro der Stadt Feuchtwangen, Marktplatz 2, 91555 Feuchtwangen, Telefon 09852 904 44, E-Mail: karten@kreuzgangspiele.de www.kreuzgangspiele.de

Foto: Spektakel: Die Kreuzgangspiele setzen mit einem „Großen Spiel“ auf dem Marktplatz ein Highlight im Festprogramm zum Feuchtwanger Stadtjubiläum.
Foto: Kreuzgangspiele Feuchtwangen

 

 

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