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Du gehörst dazu – Inklusionssong mit Hitpotential

TREUCHTLINGEN (RED). „Ich fühl mich fast so ein bisschen wie am Potsdamer Platz in Berlin, wenn eine Premiere stattfindet und man hautnah mit den Akteuren in Kontakt kommt“, sagte Dr. Hubert Soyer mit einem Augenzwinkern bei seiner Begrüßung anlässlich der Uraufführung des Inklusions-Musikvideos Du g’hörst dazu am vergangenen Freitag. Regens Wagner Absberg hatte die örtliche Presse und alle am Projekt Beteiligten zur Premiere in die Förderstätte des Regens Wagner Hauses Treuchtlingen eingeladen. Dr. Soyer weiter: „Du g’hörst dazu – gibt es ein besseres Motto? Wir sprechen alle von tollen Inklusions- und Integrations-Sachen. Wenn man sich zugehörig fühlt, brauchen wir diese ganzen Begriffe nicht, dann ist man aufgenommen, dann ist man aktiv, dann wird man gefragt – und genau das ist passiert mit diesem Projekt.“

 Zum Hintergrund der Video-Premiere ein Rückblick: Am 20. November 2017 verwandelte sich der Musiktherapieraum der Regens-Wagner-Wohngruppe für Menschen nach Schädel-Hirn-Trauma (SHT) in Treuchtlingen – dank mobiler Aufnahmetechnik – kurzerhand in ein Tonstudio. An den Mischpult-/Laptop-Reglern saß dabei niemand Geringerer als Michael Ruff, Musiker, Komponist, Arrangeur und Produzent. Der Vollblutmusiker, der seit 2003 bei Haindling die Keyboards spielt, stand schon mit Größen wie Falko, Chaka Khan und den Weather Girls live auf der Bühne und zeichnet für zahlreiche erfolgreiche Musikproduktionen verantwortlich.

Ruff: „Ich kenne die Einrichtung seit unserem Auftritt für Bewohner von Regens Wagner Absberg in Gunzenhausen (2015). Die ungehemmte, ehrliche Freude und Begeisterung der Menschen mit Behinderung hat mich, hat uns alle in der Band tief beeindruckt. Als mich Manfred Rehm ansprach, ob ich bei einer Audioproduktion für Regens Wagner dabei wäre, habe ich sofort zugesagt.“

Bereichsleiter Manfred Rehm erklärt das Projekt: „Wir, Bewohner und Förderstättenbesucher des Regens Wagner Hauses Treuchtlingen, Sängerin und Radio-Moderatorin Kerstin Schulz und ich, haben einen von mir komponierten Song aufgenommen. Der Song heißt Du g‘hörst dazu. Er handelt davon, wie Menschen miteinander umgehen und ist inspiriert von privaten Erlebnissen, davon was zeitgeistmäßig passiert und auch von den Eindrücken hier in der Einrichtung.“ Dem Diplom-Pädagogen und lizenzierten Musiktherapeuten war es von Beginn an wichtig, Menschen mit Behinderung in das Projekt mit einzubeziehen. Die Urfassung des Songs wurde in den Musiktherapiegruppen gemeinsam gesungen und diskutiert. Anregungen und Wünsche von den Teilnehmern flossen in den Text mit ein. Auch bei der Aufnahme wirkten Menschen mit Behinderung aktiv mit, spielten die Percussion-
Instrumente und steuerten den Background-Gesang bei.

Dass es überhaupt zu einer professionellen Audioaufnahme kam, verdankt Rehm der positiven Resonanz von Besuchern eines Live-Konzerts unter dem Motto „Songs für alle“, darunter auch Gesamtleiter Dr. Hubert Soyer: „Nach der Aufführung des Liedes kamen mehrere Leute auf mich zu und meinten, dass ihnen der Song sehr gefallen habe. Mir ging es genauso. Ich denke, das Stück passt thematisch sehr gut zu Regens Wagner und kann mit dazu beitragen, Barrieren in den Köpfen abzubauen. Deshalb habe ich vorgeschlagen, Du g’hörst dazu professionell aufzunehmen und zu veröffentlichen.“

Abgemischt wurde der Song im Münchner „Rufftone Studio“. Gleichzeitig reifte die Idee, den Song als Video umzusetzen. Realisiert werden konnte das Unterfangen aufgrund großzügiger Spenden des Rotary Club Weißenburg und des Lions Club Altmühltal. Die Wahl einer Produktionsfirma fiel auf Milos (Remlingen), die sich auf Filmproduktionen für Unternehmen und Institutionen der Sozialwirtschaft spezialisiert hat. Ein erster Kontakt bestand seit 2016 im Zuge eines Besuchs des Milos-Teams auf dem Messestand von Regens Wagner auf der ConSozial in Nürnberg. Dominik Förster, Videoeditor und Produzent bei milos, verfügt über 15 Jahre Erfahrung in seinem Metier. Förster arbeitete unter anderem für MTV Networks, VIVA und Sky Deutschland.

Preisgekrönter Dokumentarfilmer führt die Regie

Für den Dreh engagierte er den preisgekrönten Regisseur und Fotografen, Julian Benedikt aus München. Förster: „Ich hatte Herrn Benedikt für dieses Projekt sofort im Auge, weil er dieses künstlerische Verständnis und den künstlerischen Blick für Menschen hat. Ich arbeite schon seit zehn Jahren mit ihm zusammen und bin froh, dass ich ihn als Regisseur für das Video gewinnen konnte.“

Zum Entstehungsprozess des Scripts sagt Förster: „Das war sehr schön und auch außergewöhnlich. Nach einem ersten Gespräch mit Herrn Rehm in der Förderstätte kamen alle Teilnehmer aus der Musikgruppe und ein Vertreter des Rotary-Clubs hinzu. Das war dann eine große Brainstorming-Runde, wo jeder Bewohner seine Ideen einbringen konnte. Dabei haben wir ein Gefühl für die Story bekommen. Umsetzung und Stil haben sich im Dialog mit Herrn Benedikt entwickelt.“

Julian Benedikt: „Für mich gibt die Musik die Dramaturgie vor und so lebt der Film auch sehr stark von der Musik“, erklärt der Regisseur. „Der Erzählstrang und die Bilder haben sich nach meinem Besuch der Einrichtung und der Beschäftigung mit dem Text gefestigt. Ich war sehr berührt von der Begegnung mit Manfred Rehm und den Bewohnern und Förderstättenbesuchern des Regens Wagner Hauses Treuchtlingen.“

Am 20. August 2018 war Drehtag für die Außenaufnahmen – am Brunnen in der Treuchtlinger Innenstadt und im Kurpark. Dabei kam auch eine Drohne zum Einsatz. Benedikt: „Wir haben versucht rüberzubringen, dass Menschen mit Behinderung genauso mit der Freude, mit dem Spaß, dem Schmerz leben wie Menschen ohne Behinderung. Aus diesem Grund haben wir uns auch mitten in die Stadt gestellt, um das Verbindende herauszustellen.“ Nach Beendigung aller Aufnahmen wurde das Material anschließend im Studio von Dominik Förster geschnitten.

 Nach der heftig beklatschten Video-Vorführung, hatten die Pressevertreter Gelegenheit, mit den Protagonisten zu sprechen. Dabei sagte Benedikt: „Ich finde, das Wichtigste ist, dass man sich begegnen kann, dass es Orte gibt so wie hier.“ Gleichzeitig lobte er die Stadt Treuchtlingen: „Wir haben hier viel Herzlichkeit erfahren, die man in der Großstadt so nicht erfährt. Die Leute, die wir vor Ort auf der Straße angesprochen haben, waren sehr offen.“ Auch vom Kurpark mit seinen im Video zu sehenden Skulpturen zeigten sich die Filmemacher beeindruckt.

 Was aus dem Song und dem Video wird, hängt nun von der Verbreitung und den Hörern bzw. Zuschauern ab. Julian Benedikt bescheinigt dem Song: „Er hat das Potenzial zu einem Hit, weil er in seiner Einfachheit extrem komplex und musikalisch ist. Der Song bleibt haften, klingt nach und fördert das gegenseitige Verständnis. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Es ist eine unheimliche Bereicherung, wenn man sich mit Menschen mit Behinderung beschäftigt, egal auf welchem Level. Wir brauchen einander und können voneinander profitieren. Es war eine wichtige und wertvolle Zeit, die ich bei Regens Wagner erleben konnte und es freut mich was letztendlich dabei herausgekommen ist.“

 Das Video kann auf dem YouTube-Kanal von Regens Wagner unter dem Link https://youtu.be/dWz6M7WAyV8  angeschaut und verlinkt werden.

Bildunterschrift: Nach der Uraufführung tauschten sich Verantwortliche und Macher des Videos aus. Foto: Brigitte Dorr

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