Ansbach Herrieden hortus insectorum Naturgarten

Ein kompromissloser Garten für die Natur

ANSBACH (LUH). Alle Gärten in Deutschland sind zusammen genauso groß wie alle Naturschutzgebiete zusammen. Sie besitzen also folglich ein unglaubliches Potenzial für alle umweltrelevanten Themen der Zukunft. Artenvielfalt, Insektensterben oder generell der Klimawandel gehen also alle heimischen Gärten etwas an. Dennoch wird laut Markus Gastl hier einiges an Potenzial verschenkt. Gastl selbst hat sich seit Jahren einem Garten für die Natur mit vollem Einsatz verschrieben. Dafür erhielt er nun von Umweltminister Dr. Marcel Huber die Staatsmedaille für besondere Verdienste der Umwelt. Im Interview mit Martina Schürmeyer erläuterte er sein Gartenmodell und übte auch Kritik an deutschen Gartentraditionen.

WZ: Herr Gastl, Sie pflegen zwei Gärten, den hortus insectorum und den hortus felix. Wo sind diese und was ist das Konzept hinter ihnen?

Gastl: Seit 12 Jahren kann ich den hortus insectorum, also den Garten der Insekten in Beyerberg bei Ehingen mein Eigen nennen. Im November 2012 habe ich zusammen mit meiner Frau Gerlinde Strnad den ehemaligen Prachtrosengarten am Stadtrand von Herrieden erworben und ihn seitdem zusammen in den hortus felix, den Garten des Glücks umgestaltet. Beide funktionieren grundsätzlich nach dem von mir entwickelten Drei-Zonen-Modell, bestehend aus Pufferzone, Hotspotzone und Ertragszone. Das Modell kombiniert die Vorteile der beiden Konzepte Permakultur und Naturgarten. Dadurch entsteht ein geschlossenes, besonders ressourcenschonendes Kreislaufsystem. Optimal, um einen nachhaltigen Garten anzulegen. Wie der Name schon sagt, ist der hortus insectorum eine Art Arche Noah für Insekten. Ein einzigartiges Mosaik bietet auf 7.500 Quadratmetern unterschiedliche Lebensräume für einheimische Pflanzen und Tierarten. Der Hortus felix rückt seinen Fokus mehr auf die Permakultur. In ihm sind hohe Erträge zu verzeichnen und die Förderung von Nützlingen gewährleistet. Alles endet in einem Kreislauf und Nachhaltigkeit. Näher erklärt ist dies alles in meinem Buch, das schon in der dritten Auflage erhältlich ist.

WZ: Der Deutsche und sein Garten. In kaum eine Sache in Deutschland stecken die Menschen so viel Energie hinein. Dennoch sehen Sie großes Verbesserungs- und Aufklärungspotenzial. Warum?

Gastl: Sehen Sie, es gibt hierzulande über 4.500 einheimische Pflanzen und dennoch stopfen sich die Leute ihre Gärten mit 60 fremdländischen Pflanzen voll und fördern somit alle daraus resultierenden Probleme. Das beste Beispiel: So viele Leute pflanzen Lavendel neben Rosen und eins davon wird nichts. Das kommt daher, dass beide Pflanzen komplett unterschiedliche Bodentypen präferieren und somit niemals nebeneinander gedeihen können. Dabei wachsen auf mageren Böden die schönsten Pflanzen. Liebe allein reicht aber nicht, man muss sich damit auch auseinandersetzen und machen. Machen ist nämlich wie wollen, nur krasser. Es bringt auch nichts, beim Umweltschutz auf fehlende politische Initiativen zu verweisen. Wie kann ich denn auf andere schimpfen, wenn ich nicht bei mir selbst anfange?

WZ: Womit, denken Sie, hat die jetzige Situation zu tun?

Gastl: Der Garten ist eine Gelddruckmaschine. Wieder das Beispiel Lavendel sowie Rosen in einem Beet und nichts klappt. Was tun die Menschen? Sie gehen in den Baumarkt ihres Vertrauens und kaufen irgendein chemisches Heilmittel für teueres Geld und die Hersteller machen den großen Gewinn. Der Garten ist ein Abziehbild des Menschen und Menschen haben Probleme mit Wandel. Das sieht man doch gerade beim Älterwerden. Zudem bieten die Gartenschauen auch ein falsches Vorbild. Da werden für wenige Wochen Sachen herangezüchtet, die in der Realität gar nicht funktionieren können.

WZ: Woraus ziehen Sie Ihre Motivation für ein so zeitintensives Gärtnerleben?

Gastl: Mit 32 habe ich mir mit meiner Exfrau einen Lebenstraum erfüllt: die gesamte Panamericana nur auf dem Rad. Von Chile bis nach Inuvik, Kanada, eine der nördlichsten Siedlungen der Welt. 42.000 Kilometer auf dem Rad in 2,5 Jahren. Wir haben dabei alles gesehen. Die Schönheit der Natur, die Gefahren, die Bedrohung und das Negative, was der Mensch an ihr schon angerichtet hat. Vor allem haben wir aber eins gelernt: den Blick für das Kleine. Als ich wieder nach Hause kam, wusste ich, ich will der Natur etwas zurückgeben. Etwas Nachhaltiges. Ich gehe nur noch zehn Stunden meiner Arbeit als Intensivpfleger nach und verdiene demnach auch dementsprechend. Andere würden damit niemals über die Runden kommen, aber ich kann mir kein erfüllteres Leben vorstellen.

WZ: Inzwischen hat sich ja auch rund um Ihr Gartenprinzip ein echtes Netzwerk gebildet, erzählen Sie uns davon?

Gastl: 180 Menschen haben mein Drei-Zonen-Konzept für ihren eigenen Garten bereits übernommen. Diese melden sich auf meiner Website an und werden so zu „Hortensianern“. Zusammen mit der „Hortus“ Facebook Gruppe tauschen wir uns virtuell aus und geben uns gegenseitig Tipps beim Gärtnern. Eine Frau aus Frankreich hat die Seite sogar ins Französische übersetzt, um dort das Netzwerk weiter auszubauen. Wie sich das entwickelt hat, finde ich sehr beeindruckend.

WZ: Gibt es noch etwas, was Sie den Leuten mitgeben wollen?

Gastl: Ich würde jedem raten zumindest zu versuchen, die Umwelt bewusster wahrzunehmen. Wir nehmen deren Vielfalt nämlich nur extrem reduziert wahr. Man kann so wahnsinnig viel für die Umwelt tun, man muss es nur wollen. Das Drei-Zonen-Prinzip zum Beispiel ist auf alle Flächen anwendbar. Hinweisen möchte ich noch darauf, dass Führungen in meinen Gärten immer möglich sind. Aber auch auf die „Ausbildung“ zum Naturprofi, die vom Naturgartenverein angeboten wird und bei der ein Modul in meinem Garten stattfindet, wäre zu erwähnen. Wessen Interesse ich geweckt habe, der schaut am besten auf meiner Homepage www.hortus-insectorum.de vorbei.

WZ: Herr Gastl, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn der Staatsmedaille, danke für dieses Gespräch und alles Gute für die Zukunft!

Das Interview führten Martina Schürmeyer und Luca Herrmann.

Bildunterschrift: Der Garten von Markus Gastl.

 

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