Bezirkstag Ansbach

Sonderprüfung: Eine zweite Meinung musste her

ANSBACH (LUH). Bezirkstagspräsident und Jurist Armin Kroder war wenig verwundert über die Ausführungen, die Fabian Dietl von Ernst&Young in seiner „second opinion“ vortrug. „Verschiedene Juristen haben verschiedene Einschätzungen, das ist eben so. Ich bin da ganz entspannt. Zudem liegen die Einschätzungen gar nicht so weit auseinander.“ Zuvor war bei so manchem Bezirksrat aber der Eindruck entstanden, dass die Sonderprüfer und die Juristen der „second opinion“ doch erhebliche Meinungsverschiedenheiten hätten, was die Folgen aus den Erkenntnissen der Sonderprüfung sein könnten.

Zu Beginn stellte der junge Münchner Rechtsanwalt klar, dass in seiner Kanzlei keineswegs eine neue Sonderprüfung stattfand. Vielmehr habe man die Sachverhalte, die sich aus der Sonderprüfung ergaben, als gegebene Faktenlage hergenommen und eine rechtliche Überprüfung der Conclusio vollführt. Man hat also bewertet, ob man bei den drohenden rechtlichen Folgen, wie sie die Sonderprüfer bewerteten, d’accord ist. Hauptkritik im vergangenen Jahr waren Versäumnisse beim Baukomplex und hier speziell bei fehlerhaften Ausschreibungen, sodass laut den Sonderprüfern in einigen Fällen gar eine Rückforderung von bereits gewährten und ausgeschütteten Fördermittel drohe. Hierzu erklärte Dietl, dass man sich im Einzelfall zunächst einmal anschauen müsse, in welchem Rechtsbereich man sich befinde. Bei Ausschreibungen werde nämlich je nach den veranschlagten Kosten einer Baumaßnahme zwischen Oberschwellen- und Unterschwellenrecht unterschieden. Während man bei oberschwelligen, also kostenintensiven Baumaßnahmen, dem deutlich strengeren Europaauschreibungsrecht unterworfen ist, gilt bei niederschwelligen Maßnahmen die Satzung des Kommunalunternehmens, die den Bezirk nur dazu verpflichtet, sparsam und wirtschaftlich zu handeln.

Bei vielen konkreten Baumaßnahmen, wie dem Bettenhaus in Fürth, der Forensik in Erlangen und dem Rechenzentrum in Ansbach sowie bei Beraterleistungen, bewege man sich wohl noch im unterschwelligen Bereich, sodass Dietl das Risiko von Rückzahlung laut seiner Auslegung nicht als gegeben sieht. Auch die Problematik im Sozialrecht durch fehlerhafte Abrechnung sah der Ernst&Young-Anwalt als juristisch nicht zu ahndend an.

Laut der Sonderprüfung habe man mit Sicherheit ab 2015 von der Problematik gewusst und habe ab diesem Zeitpunkt sofort gehandelt. Mögliche Kenntnis und Ignoranz der Thematik vor 2015 sei nicht nachweisbar und somit im Reich des Konjunktivs anzusiedeln. In den anderen Themenbereichen komme man zu den gleichen Ergebnissen wie die Sonderprüfer, so Dietl.

Auf die Nachfrage, wie denn das Ampelsystem in seine Analyse eingeflossen sei, merkte der Rechtsanwalt an, dass es juristisch schwer bewertbar sei, da nicht klar sei, ob sich die Bewertung auf die Rechtsfolgen oder den Sachverhalt beziehe. Nicht bei allen Bezirksräten stieß die von der CSU-Fraktion in Auftrag gegebene „second Opinion“ auf Gegenliebe.

Horst Kömker von der SPD sprach von einer ReinwaschungsNawratils zum Märtyrer. Es sei unerträglich, dass keine faire Gegenüberstellung beider Seiten erfolgte, sondern nur eine einseitige Betrachtung. Der Fairness wegen hätte mindestens ein Sonderprüfer seine Sicht darlegen müssen.

Titus Schüller von der Linken bemängelte, dass auf Grund einer neuerlichen Rechtsfolgenüberprüfung eine weitere Sachverhaltsüberprüfung aufgeschoben werde oder gar vom Tisch falle. Cornelia Grießbeck von der CSU beschwerte sich, dass der politische Streit nun weitergehe und dieser den Bezirkskliniken am meisten schade. „So kann man ein Unternehmen auch kaputt machen.“ Auch laut Armin Kroder gehe es jetzt darum, Gräben zuzuschütten, die Probleme aufzuarbeiten und auch im Interesse der Mitarbeiter die Bezirkskliniken wieder zur Ruhe kommen zu lassen.

Foto: Die Bezirkskliniken bleiben Dauerthema, auch im neu formierten Bezirkstag Foto: Luca Herrmann

 

 

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