Bezirkskliniken Mittelfranken Sonderprüfungen Ansbach

Sonderprüfung legt erhebliche Mängel offen

ANSBACH (LUH). Sie waren lange mit Spannung erwartet worden. Nun sind sie da: die Ergebnisse der Sonderprüfung der Bezirkskliniken Mittelfranken. Durch beschwerliche und komplizierte Auswertung der Datenlage haben die Peritions AG, die Anwaltskanzleien Link und Siry sowie Bühner & Partner Rechtsanwälte eine qualifizierte Bestandsaufnahme und Bewertung erstellt. Nicht unbedingt einfacher gemacht hätten die Prüfung, darauf wiesen die Prüfer gleich zu Beginn hin, die „erheblichen Dokumentationslücken“ und die Art und Weise, wie die Bezirkskliniken die geforderten Unterlagen zur Verfügung stellten. Die Ergebnisse, die trotz der mühevollen Arbeit zutage gebracht wurden, setzen den krank geschriebenen Klinikchef Helmut Nawratil weiter unter Druck. Vor allem in den Bereichen Bau und Vergaberecht stellten die Prüfer eklatante Fehler fest. Diese gehen teils so weit, dass auch vom Verdacht auf Straftatbestände in Form von eventueller Haushaltsuntreue gesprochen werden kann.

In sieben Fragenkomplexe hatten die Prüfer ihre Ergebnisse aufgeteilt. Mit den Belastendsten, Bauen und Auftragsvergabe, begannen sie. Ihre Bewertung versahen sie mit einem Ampelsystem. Rot stand für: Hier wurden eklatante, nicht hinnehmbare Fehler gemacht, Gelb für: Fehler, die allerdings nicht so eklatant sind, und grün für ein vertretbares, ordnungsgemäßes Handeln. In den ersten beiden Fragenkomplexen gab es bis auf wenige gelbe Ampeln nur die rote Karte für die Arbeit der Bezirkskliniken. Dies betraf sowohl die Abläufe beim Bettenhaus in Fürth, bei den Bauverzögerungen in Ansbach, beim Erweiterungsbau der Forensik in Erlangen sowie beim Rechenzent-
rum in Ansbach. Bei all diesen Maßnahmen zieht sich ein Satz durch die Prüfung: „Dokumentation völlig unzureichend.“ Beim Fall der Forensik in Erlangen geht es gar so weit, dass eine ganze Festplatte mit der Baukorrespondenz gelöscht wurde. Bei diesem Bauvorhaben entstanden Mehrkosten in Höhe von 6,2 Millionen Euro. Ein weiterer Vorwurf lautet: Fehlerhafte Vergabe mit anschließendem Fördermittelrisiko. Auffällig auch, dass sowohl beim Bau in Fürth als auch bei dem in Erlangen jeweils dieselbe Firma den Zuschlag erhielt. Beim Ansbacher Rechenzentrum wiegen die Vorwürfe nicht minder schwer. Mangelhafte Kontrolle und Projektmanagement sowie eine fehlerhafte Ausschreibung führten zu einer erheblichen Fehleinschätzung bei den Kosten. Statt der ersten Schätzung von circa 180.000 Euro steht man nun bei veranschlagten 2,7 Millionen. Erklärbar unter anderem dadurch, dass versäumt wurde eine Bau- und Denkmalschutzgenehmigung einzuholen. Auch wurden teure Teile zu früh bestellt und mussten lange kostenintensiv zwischengelagert werden. Ungemütlich für Nawratil sind auch die Ergebnisse bei der Prüfung zur Vergabe von Arbeiten. Die eigene zentrale Vergabestelle der Bezirkskliniken wurde regelmäßig übergangen. Überwiegend unzulässige Direktvergaben waren hingegen ein praktikables Mittel. Pikant auch, dass so zustande gekommene, vergaberechtswidrige Beraterverträge bis zum heutigen Tage noch genutzt werden. Zudem gab Nawratil bei der Bestellung der Fahrzeugflotte ein Angebot unzulässigerweise an einen Konkurrenten weiter. Falsche Angaben machte der Klinikchef zur Frage, ob er Beteiligungen an anderen Firmen halte. Keine, war die Antwort Nawratils. Unzutreffend, in mindestens einem Fall, meinten die Prüfer. Auch eine mögliche Beseitigung der Zweifel, ob dadurch eigene Interessenskonflikte entstehen würden, verpasste der Klinikchef. Hierfür hätte er lediglich einer freiwilligen Herausgabe von Steuerunterlagen zustimmen müssen. In Personalfragen interviewten die Prüfer 170 Mitarbeiter der Bezirkskliniken aller Ebenen. Während der Führungsstil durchaus unterschiedlich bewertet wurde, klagten beinahe alle Mitarbeiter unisono über eine arg dünne Personaldecke. Unrechtmäßig waren laut den Prüfern aber die Entlassungen des ehemaligen Chefarztes für Neurologie sowie die des Leiters für den Fachbereich Bauen. Diese kassierten dementsprechend hohe Abfindungen. Die Stimmung im Saal und auf der ungewöhnlich stark besetzten Besuchergalerie war über die gesamte Dauer der Ausführungen äußerst angespannt. Gisela Niclas, die Vorsitzende der SPD-Fraktion, war es dann, die für ihre Partei die ersten Schlüsse aus dem eben Gehörten zog. Laut ihr müssen die Weichen und Strukturen innerhalb der Bezirksklinken und des Kommunalunternehmens neu gestellt werden. Ein Mehr an Transparenz sei dabei das oberste Gebot. Klar sei auch, dass für ihre Partei ein Neuanfang mit Nawratil an der Spitze undenkbar sei. Schockiert über das Ausmaß zeigten sich auch die Grünen, die von einem K.-o.-Schlag für Nawratil sprachen. Die CSU, um Fraktionsvorsitzenden Peter Daniel Forster, wolle die nächsten Wochen und Erklärungen der Klinikspitze abwarten und dann sehen, welche Schritte man einleiten müsse.

Foto: Angespannte Stimmung im Bezirksrathaus während der Vorstellung der Ergebnisse durch die Anwälte Foto: Luca Herrmann

 

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