Zwischenstand Streuobstpakt: Zehntausende neue Bäume und Cidre aus Bayern

von | 4. Oktober 2024 | Altmühlfranken, Gunzenhausen, Treuchtlingen, Weißenburg

Mün­chen (red). Der Baye­ri­sche Streu­obst­pakt ist ein ver­bind­li­ches Abkom­men zwi­schen der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung und acht enga­gier­ten Ver­bän­den. Ins­ge­samt will die Staats­re­gie­rung über 670 Mil­lio­nen Euro inves­tie­ren. Eines der Haupt­zie­le ist es, neben dem Erhalt des bereits stark dezi­mier­ten Bestands bis 2035 eine Mil­li­on zusätz­li­che Streu­obst­bäu­me in Bay­ern zu pflan­zen. Seit Schlie­ßung des Pakts sind drei Jah­re ver­gan­gen – wo steht das Pro­jekt mit dem ehr­gei­zi­gen Ziel? Ein Blick hin­ter die Kulis­sen zeigt in Aus­schnit­ten, was zahl­rei­che Akteu­re und Unter­stüt­zer bereits erreicht haben und wel­che Erfol­ge in Aus­sicht ste­hen.

Die öko­lo­gisch wert­vol­len Streu­obst­wie­sen zäh­len heut­zu­ta­ge zu den am stärks­ten gefähr­de­ten Bio­to­pen Mit­tel­eu­ro­pas. Um die bedeu­tungs­vol­le Kul­tur­land­schaft zu schüt­zen und stär­ken, ist ein enger Schul­ter­schluss gefragt. Nur, wenn sowohl die Betei­lig­ten als auch die Maß­nah­men eng ver­zahnt sind, bestehen rea­le Erfolgs­chan­cen. Aus die­sem Grund hat die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung 2021 mit acht Ver­bän­den den Baye­ri­schen Streu­obst­pakt geschlos­sen (www.bayern-streuobstpakt.de). Erhalt und För­de­rung der Bio­di­ver­si­tät, Land­schafts­pfle­ge und regio­na­le Obst­pro­duk­ti­on in Bio-Qua­li­tät sind die wesent­li­chen The­men, um die sich die breit ange­leg­te Initia­ti­ve dreht. Die Zwi­schen­bi­lanz ist posi­tiv. Über 90.000 Bäu­me wur­den allein über das an End­ver­brau­cher gerich­te­te Pro­gramm des Land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums „Streu­obst für alle!“ bis­lang bewil­ligt. Um der enor­men Nach­fra­ge gerecht zu wer­den, haben baye­ri­sche Baum­schu­len ihre Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten deut­lich gestei­gert. Beson­ders gro­ße Men­gen wur­den soweit über die ILE Holz­land-Inn­tal ver­teilt.

Nach­hal­ti­ge Zukunft für länd­li­che Gebie­te

ILE steht für „Inte­grier­te Länd­li­che Ent­wick­lung“: Meh­re­re Gemein­den ver­stär­ken ihre Zusam­men­ar­beit, um ihre Regi­on zukunfts­fä­hig zu gestal­ten. Die Men­schen hin­ter der ILE Holz­land-Inn­tal sind begeis­tert von der Idee, gemein­sam einen Bei­trag für mehr Bio­di­ver­si­tät zu leis­ten – gewis­ser­ma­ßen direkt vor der eige­nen Haus­tür. Die Akteu­re haben es im Rah­men des Pro­gramms „Streu­obst für alle!“ geschafft, jedem Men­schen mit Wohn­sitz oder Grund­be­sitz die Pflan­zung eines Streu­obst­baums zu ermög­li­chen – ohne kom­pli­zier­te Anträ­ge und auf Wunsch sogar mit fach­li­cher Anlei­tung. In der Regi­on haben sich nicht nur Pri­vat­leu­te und Hob­by­gärt­ner an der Akti­on betei­ligt, auch öffent­li­che Ein­rich­tun­gen und Fir­men waren am Start. Ins­ge­samt sind nun 1.084 Streu­obst­bäu­me neu ver­wur­zelt, jetzt enga­gie­ren sich die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in der nach­hal­ti­gen Pfle­ge und Ver­ede­lung.

Leicht und frisch – Cid­re aus Bay­ern

Wäh­rend der Streu­obst­pakt einer­seits dar­auf zielt, den Baum­be­stand zu pfle­gen und zu ver­grö­ßern, geht es ande­rer­seits natür­lich auch um die Erzeug­nis­se und deren Ver­mark­tung. Unter die­ser Prä­mis­se sind bereits ins­ge­samt 13 von 20 Groß­pro­jek­ten ange­lau­fen. Ein Bei­spiel ist die Pro­jekt­stel­le „Cid­re aus Baye­ri­schen Streu­obst­wie­sen“ am Insti­tut für Wein­bau und Öno­lo­gie der Lan­des­an­stalt für Wein­bau und Gar­ten­bau (LWG), hier steht der sprit­zi­ge Cid­re im Fokus. Geträn­ke mit gerin­gem Alko­hol­ge­halt erfreu­en sich wach­sen­der Beliebt­heit und im Nach­bar­land Hes­sen steht der Apfel­wein bereits hoch im Kurs – in baye­ri­schen Betrie­ben aber ist die Pro­duk­ti­on noch aus­bau­fä­hig. Hier ent­ste­hen der­zeit vor allem Säf­te und Destil­la­te aus regio­na­lem Streu­obst. Um die Nische zu beset­zen und Cid­re aus Bay­ern dau­er­haft im Sor­ti­ment zu eta­blie­ren, wer­den im Rah­men des Pro­jekts bis 2025 Inhalts­pro­fi­le ermit­telt und Her­stel­lungs­ver­fah­ren erprobt, die Sen­so­rik ana­ly­siert und Kon­su­men­ten befragt. Das gesam­mel­te Wis­sen wird genau wie Zukunfts­aus­sich­ten und Markt­chan­cen in Work­shops an inter­es­sier­te Erzeu­ger ver­mit­telt. Wei­te­re The­men sind die Sor­ten­wahl, die Nähr­stoff­ver­sor­gung im Streu­obst­bau und die Ver­ar­bei­tungs­schrit­te von der Apfel­ern­te bis zum fer­ti­gen Cid­re.

Erfolg­rei­che Vor­rei­ter: „Schnitz und But­zen“

Im baye­risch-schwä­bi­schen Donau­tal wach­sen auf alten Streu­obst­wie­sen die Äpfel, die Peter Baum­gart­ner schon seit Jah­ren in tra­di­tio­nell hand­werk­li­chen Pro­zes­sen zu fei­nen Apfel­schaum­wei­nen ver­ar­bei­tet. „In der Cid­re-Pro­duk­ti­on habe ich mei­ne Beru­fung gefun­den“, sagt der gelern­te Koch, der unter dem Namen „Schnitz und But­zen“ fir­miert und das Bes­te aus dem Streu­obst her­aus­ho­len möch­te. Wich­tig ist dem pas­sio­nier­ten Wein­pro­du­zen­ten die Arbeit mit Mai­sche­stand­zei­ten, der Aus­bau im Holz­fass, das Rosi­nie­ren des Press­guts und die Ver­wen­dung unter­schied­li­cher Hefen zur viel­fäl­ti­gen Aro­ma­bil­dung. „Fül­len, rüt­teln, eti­ket­tie­ren… bevor eine Fla­sche unse­ren Kel­ler ver­lässt, haben wir sie mehr als 50 Mal in die Hand genom­men“, erklärt Peter Baum­gart­ner zum auf­wän­di­gen Pro­zess, der sei­nen Anfang auf der Wie­se nimmt. Die Misch­be­pflan­zung der Streu­obst­flä­che ist resis­ten­ter gegen­über Schäd­lin­gen, so dass Baum­gart­ner ohne Pflan­zen­schutz­mit­tel aus­kommt. Die Bewirt­schaf­tung der Streu­obst­wie­sen bringt ein hoch­wer­ti­ges ver­edel­tes Pro­dukt her­vor, gleich­sam zahlt sie auf den Schutz der wert­vol­len Bio­to­pe ein. Die kom­ple­xen span­nen­den Schaum­wei­ne wer­den inzwi­schen bay­ern­weit und sogar in Ber­lin in Bis­tros, Bars und Restau­rants aus­ge­schenkt und gehö­ren in zahl­rei­chen Fach­ge­schäf­ten zum Sor­ti­ment.

Über den Streu­obst­pakt

Der Baye­ri­sche Streu­obst­pakt ist ein ver­bind­li­ches Abkom­men zwi­schen der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung, ver­tre­ten durch das Baye­ri­sche Land­wirt­schafts- und das Baye­ri­sche Umwelt­mi­nis­te­ri­um, und acht enga­gier­ten Ver­bän­den.

Ziel ist es, neben dem Erhalt des bereits stark dezi­mier­ten Streu­obst­be­stands bis 2035 eine Mil­li­on zusätz­li­che Streu­obst­bäu­me in Bay­ern zu pflan­zen.

Der ver­bind­li­che Rah­men des Pak­tes gewähr­leis­tet, dass sämt­li­che Maß­nah­men effek­tiv ver­zahnt wer­den, um das ehr­gei­zi­ge Ziel zu errei­chen.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen fin­den sich unter www.bayern-streuobstpakt.de

Foto: Pix­a­bay