Drei Männer und ein Baby – Theaterunterhaltung mit Aussetzern

von | 5. Januar 2024 | Altmühlfranken, Gunzenhausen

Gun­zen­hau­sen (red). Coli­ne Serraus fran­zö­si­scher Film­klas­si­ker „Drei Män­ner und ein Baby“ von 1985 ist ein unter­halt­sa­mer Mix aus absur­den Ein­fäl­len, omni­prä­sen­ten Screw­ball-Humor und sanft plat­zier­ten Rol­len­kli­schees. Der Strei­fen ist typisch 80er und aus heu­ti­ger Sicht ähn­lich proll-plump-char­mant wie Vokuh­i­la, Opel Man­ta und Aero­bic in viel zu engen Neon­leg­gings. Damals wur­de Humor mit dem Holz­ham­mer ser­viert und so bli­cken wir mit mor­bi­der Fas­zi­na­ti­on auf die­se in Spit­zen skur­ri­le Zeit zurück. Aller­dings funk­tio­nie­ren die 1980er heu­te fast nur noch mit Augen­zwin­kern und iro­nisch-sati­ri­schem Unter­ton. Der aktu­el­le Erfolg von Retro­trends und Remi­nis­zen­zen, bei­spiels­wei­se an die alten Hits der Sän­ge­rin Kim Wil­de, den Rubik­wür­fel oder die Serie „Stran­ger Things“ ist eine bewusst-plat­zier­te Rück­füh­rung in Zei­ten, in denen sich das Leben schein­bar ganz pro­blem­los in „Schwarz“ und „Weiß“ auf­tei­len ließ. In Zei­ten glo­ba­ler Kri­sen ein Sehn­suchts­ort, aller­dings auch ein Trug­schluss. Wer das Gesell­schafts­bild der 80er unre­flek­tiert in das Heu­te über­trägt, der ern­tet im Regel­fall Kopf­schüt­teln. Ähn­lich ver­hält es sich bei der Büh­nen­ad­ap­ti­on von „Drei Män­ner und ein Baby“ von Chris­ti­an Brey. Trotz phan­tas­ti­schem Schau­spiel­ensem­ble blei­ben lei­der eher Fremd­schäm­mo­men­te in Erin­ne­rung. Vor kur­zem wur­de das Stück in der Gun­zen­häu­ser Stadt­hal­le gezeigt.

Wir durch­le­ben eine Zer­reiß­pro­be und beglei­ten drei Män­ner beim Stol­pern durchs Chau­vi-Leben. In die­sem Stück sind Frau­en nur Fleisch ohne Geist und soll­ten sich am bes­ten stän­dig für Arbeit und Ver­gnü­gen ver­füg­bar hal­ten. Tau­chen Frau­en im Stück auf, so sind die Män­ner immer irgend­wel­chen schwie­ri­gen Situa­tio­nen aus­ge­setzt, sei es in der Apo­the­ke beim Win­del­kauf, bei der Poli­zei­kon­trol­le oder beim Besuch der diplo­mier­ten Erzie­he­rin. Frau­en frus­trie­ren die Prot­ago­nis­ten und klar, dass schließ­lich sogar Män­ner bes­se­re Müt­ter sind. Pro­blem: Das titel­ge­ben­de Fin­del­kind ist auch ein Mäd­chen, eine buch­stäb­li­che „Milch-Made“ und „Tep­pich-Rat­te“, für die selbst Vater Jac­ques anfangs nichts als Ver­ach­tung übrig­hat. Selbst­ver­ständ­lich haben die „Drei Män­ner“ die klei­ne Marie irgend­wann zum Fres­sen gern, das Stück muss­te die Geschlech­ter­kur­ve neh­men und zu einem Hap­py-End füh­ren. An die­ser Stel­le ist aber auch längst die mit ihrem Leben über­for­der­te Mut­ter auf­ge­taucht und wird das Baby bei­zei­ten (hof­fent­lich) wie­der zu sich holen. Übri­gens: Alle Frau­en­rol­len in „Drei Män­ner und ein Baby“ wer­den von Tina Rot­ten­stei­ner gespielt. Es ist eine wah­re Freu­de, die­ser begab­ten Ver­wand­lungs­künst­le­rin bei ihrer Per­for­mance zuzu­se­hen.

Natür­lich spie­len die aus Thea­ter und Fern­se­hen bekann­ten Heio von Stet­ten, Mathi­as Herr­mann und Boris Valen­tin Jaco­by ihre Rol­len mit der nöti­gen Pro­fes­sio­na­li­tät. Die Win­del­wech­sel­sze­ne war wun­der­ba­re Situa­ti­ons­ko­mik, außer­dem bleibt die nächt­li­che Gesangs­ein­la­ge als for­mi­da­bel in Erin­ne­rung und ent­schä­dig­te für den ein oder ande­ren the­ma­ti­schen Aus­set­zer. Dazu ist der nicht zum Chau­vi-Trio gehö­ren­de Alex­an­der Fla­che als Gangs­ter, Kom­mis­sar oder gar als weib­li­che Bett­ge­schich­te unter­wegs. Sei­ne Rol­len ver­kör­pert er wit­zig, kari­kiert sich und den Plot. Ein High­light: Sein Kom­mis­sar stol­ziert mit Schlan­gen­le­der­stie­fel und Hape Ker­ke­ling-Gedächt­nis­fri­sur durch das Bild, eine Hom­mage an die 80er, die ein­mal funk­tio­niert.

Die Auf­füh­rung war Teil der Gun­zen­häu­ser Thea­ter­spiel­zeit 2023/2024. Wei­ter geht es am 2. März 2024 mit dem Musi­cal „Sid­dha­rtha“. Nähe­re Infor­ma­tio­nen erhal­ten Sie auf der Home­page www.gunzenhausen.info.

Foto: Stadt Gun­zen­hau­sen