Gedenkfahrt zur Gedenkstätte-KZ-Flossenbürg in der Oberpfalz

von | 31. Oktober 2023 | Altmühlfranken, Gunzenhausen, Treuchtlingen, Weißenburg

(red). Am 16.09.2023 star­te­te eine Rei­se­grup­pe orga­ni­siert vom Land­kreis­bünd­nis gegen Rechts Wei­ßen­burg-Gun­zen­hau­sen in Rich­tung Flos­sen­bürg zu einer Gedenk­fahrt. Ins­ge­samt fuh­ren 22 Inter­es­sier­te, in das im Idyll gele­ge­ne Dorf, um dort die Gedenk­stät­te-KZ-Flos­sen­bürg zu besich­ti­gen.

Das KZ Flos­sen­bürg bestand von Mai 1938 bis zum 23.04.1945, bevor es von den Ame­ri­ka­nern befreit wur­de. Es war als ein rei­nes Arbeits­la­ger kon­zi­piert, in dem der vor­han­de­ne Gra­nit im Stein­bruch abge­baut wur­de. Der Arbeits­all­tag war hart. Wäh­rend ihrer zwölf-Stun­den-Schicht bau­ten die Män­ner den har­ten Gra­nit ab, der in ver­schie­de­nen Nazibau­ten ein­ge­setzt wur­de. Die SS füll­te damit ihre Kas­sen auf. Ins­ge­samt waren in Flos­sen­bürg ca. 100000 Men­schen inhaf­tiert. Hier­von sind ca. 30000 Men­schen in Fol­ge der schwe­ren Arbeit, durch Krank­heit und Infek­tio­nen, sowie hef­tigs­te Miss­hand­lun­gen durch Funk­ti­ons­häft­lin­ge und der Waf­fen-SS ums Leben gekom­men. Wenn neue Häft­lin­ge im Lager anka­men hat­ten sie es nicht leicht, weil sie unter ande­rem
kaum Deutsch spra­chen. Sie hat­ten eine Zug­fahrt im Vieh­wa­gon ohne Essen, Trin­ken, ohne Toi­let­te hin­ter sich. Vom Bahn­hof ging es zu Fuß durch das Dorf. Es ging vor­bei an den Holz­ba­ra­cken der SS, rechts vor dem Ver­wal­tungs­ge­bäu­de abbie­gend, durch das mit zwei Gra­nit­säu­len befes­tig­te Tor mit der Auf­schrift „Arbeit macht frei“. Ab hier ver­lo­ren sie ihre Iden­ti­tät. Ihr Namen waren fort­an egal. Nur noch ihre Häft­lings­num­mer zähl­te. Sie muss­ten in das Häft­lings­bad, in dem bereits die Funk­ti­ons­häft­lin­ge war­te­ten um sie zu ernied­ri­gen. Sie ent­fern­ten jeg­li­che Kör­per­be­haa­rung, lie­ßen sie mit abwech­selnd hei­ßem und kal­tem Was­ser aus Hoch­druck­dü­sen duschen und sie schlu­gen die Neu­an­kömm­lin­ge.

Die Häft­lin­ge die das über­stan­den, erhiel­ten ihre gestreif­te Arbeits­klei­dung und gin­gen los zu ihrer Schicht im Stein­bruch. Es gab zwei Mahl­zei­ten am Tag. Die Arbeit wur­de solan­ge abver­langt, bis die Häft­lin­ge zu krank oder zu schwach waren und zur Ster­be­ba­ra­cke über­führt wur­den. Die Toten wur­den vom Son­der­kom­man­do im Kre­ma­to­ri­um ver­brannt, nach­dem sie ihnen das Zahn­gold raub­ten.

Als rei­nes Män­ner­la­ger herrsch­te nicht nur durch den böh­mi­schen Ost­wind ein sehr rau­es Kli­ma. Eine ein­zel­ne Bara­cke war für 250 Män­ner aus­ge­legt. Gegen Kriegs­en­de waren in jeder ein­zel­nen Bara­cke bis zu 1000 Män­ner unter­ge­bracht. Die­se durf­ten auch Brie­fe schrei­ben, aber nur auf Deutsch. Jeder der Häft­lin­ge hat­te auf der Uni­form die Häft­lings­num­mer ste­hen mit einem far­bi­gen Drei­eck und spä­ter auch dem Kür­zel des Her­kunfts­lan­des. So war eine schnel­le Selek­ti­on mög­lich. Juden hat­ten einen zusätz­li­chen gel­ben Strich. Rot stand für poli­ti­sche Häft­lin­ge, grün für Berufs­ver­bre­cher, blau für Emi­gran­ten, lila für Zeu­gen Jeho­vas, rosa für Homo­se­xu­el­le und dunk­les vio­lett für „Aso­zia­le“. Die­se Far­ben vari­ier­ten in den Abzei­chen For­men, wenn bei­spiels­wei­se
Flucht­ge­fahr bestand oder Häft­lin­ge der Straf­kom­pa­nie ange­hör­ten. Mit sei­nen 83 Außen­la­gern war das KZ Flos­sen­bürg weit ver­zweigt. Dort arbei­te­ten sie bei­spiels­wei­se für die Rüs­tungs­in­dus­trie. In den Außen­la­gern arbei­te­ten auch Frau­en, je nach Schwe­re der Tätig­keit.

Die Rei­se­grup­pe erhielt über zwei­ein­halb Stun­den eine aus­führ­li­che Füh­rung durch die Gedenk­stät­te in der auch vie­le Fra­gen beant­wor­tet wur­den. Auf einem Gedenk­stein aus Gra­nit leg­te das „Land­kreis­bünd­nis gegen rechts Wei­ßen­burg-Gun­zen­hau­sen“ ein Blu­men­ge­steck ab. „Nie wie­der Faschis­mus, nie wie­der Krieg“ so lau­tet die Bot­schaft der Stun­de. Heu­te ist die Gedenk­stät­te viel­sei­tig auf­ge­stellt. Im ehe­ma­li­gen Kasi­no / Kan­ti­ne ist seit 2015 ein Inklu­si­ons­kaf­fee. Ver­schie­de­ne Tei­le des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers wur­den in den 1950er Jah­ren an Über­le­ben­de als Grund­stück über­ge­ben. Das „Tal des Todes“ wird bis 2024 Roll­stuhl­ge­recht umge­baut. Dort steht das Kre­ma­to­ri­um und der Exe­ku­tier­platz mit ver­schie­de­nen Gedenk­ta­feln und Stei­nen. Auch Diet­rich Bon­hoe­fer evan­ge­li­scher Pfar­rer war für kur­ze Zeit Häft­ling in Flos­sen­bürg. Kurz vor Kriegs­en­de am 09.04.1945 wur­de er hier ermor­det. Für Ihn und wei­te­re Wider­stands­kämp­fer hängt eine Gedenk­ta­fel am Ein­gang des Lager­ge­fäng­nis­ses.

Foto: Land­kreis­büd­nis gegen Rechts Wei­ßen­burg-Gun­zen­hau­sen