Meeresfisch – ein zweifelhafter Genuss
Altmühlfranken (red). Zum „Tag der Fische“ am 22. August möchte Slow Food Altmühlfranken die Bedeutung der Binnenfische als Alternative zu den überfischten Beständen der Meeres-fische in das Bewusstsein der Konsumenten heben. Fische sind nach wie vor als kalorienarmes, proteinreiches und äußerst gesundes Nahrungsmittel in großen Teilen der Welt auch das Hauptnahrungsmittel. Lange Zeit waren Steinbutt, Seezunge oder Wolfsbarsch aus der Bretagne oder Lachse per Luftfracht importiert aus Kanada oder Chile hier in Deutschland ein Statussymbol für viele Köche. Die Nachfrage nach Meeresfisch verdoppelte sich sogar im Vergleich gegenüber dem Konsum vor 50 Jahren. Denn Fisch entspricht den veränderten Ernährungsgewohnheiten vieler Menschen.
Allerdings wird Meeresfisch, wenn er aus Wildfang stammt und nicht aus Aquakultur wegen einer massiven Überfischung der Meere immer rarer und damit auch teurer. Mehr als 40 % der kommerziell genutzten Fanggründe in den Weltmeeren gelten daher als überfischt und 52 % als maximal genutzt. Die Überfischung im Mittelmeer und in der Ostsee liegt teilweise noch darüber. Und die Ausweisung von Meeresschutzgebieten – auch zur Erholung der Fischbestände und als deren „Kinderstube“ – stagniert überall rund um den Globus bzw. wird viel zu nachlässig überwacht. Die Erwärmung der Meere durch den Klimawandel trägt überdies dazu bei, dass die Lebensraum-bedingungen immer schlechter werden und die Reproduktionsrate der Fische stark rückläufig ist Hinzu kommt die unverändert zunehmende Verschmutzung der Weltmeere mit unzureichend geklärten Abwässern und Plastikmüll im Pazifik und südlichen Atlantik sowie die Belastung über Emissionen aus der Hochsee-Schifffahrt.
Der Lachs – früher im Zustand intakter Fließgewässer – ein sehr beliebter Fisch aus heimischen Flüssen, ist wegen der Verschmutzung, aber noch sehr viel stärker wegen den Verbauungen und Staustufen, in Deutschland nur noch als Meeresfisch ein Teil des kulinarischen Angebots. Die zur Fortpflanzung in den Atlantik abwandernden Lachse sind daher heute als Nahrungsmittel fast nur noch aus Meeres-Aquakultur zu beziehen. Der Wildlachs aus Kanada wurde zum sündteuren Luxus-gut und der aus den Aquakulturen Norwegens oder Nordamerikas stammende Zuchtlachs ist zum Teil genmanipuliert und in der Regel medikamentös behandelt. Während der heimische Karpfen nach wie als nachhaltigste Form der der Aquakultur gilt, mutierte der Lachs leider zur industrialisierten Massenware.
Vor diesem Hintergrund des globalen Fischmarkts, sollten sich verantwortungsbewusst Konsumierende auf unsere heimischen Binnenfische aus Süßwasser konzentrieren. Während in der nationalen Konsumnachfrage aber immer noch 76 % den Produkten aus den überfischten Meeren gelten, summieren sich die Binnenfischangebote auf gerade einmal 24 %, der größte Teil aus Teichkulturen. Und auch hier zeichnen sich im Angebot Unterschiede ab. Während Forelle, Saibling und Karpfen nach wie vor in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, sind Renken, Zander, Aal, Huchen, Äsche, Barsche, Rotaugen, Nasen, Döbel, Welse und mitunter auch wieder Stör nur in begrenzten Mengen verfügbar.
Dieser teilweise eingeschränkten Verfügbarkeit stehen jedoch andere Geschmackserlebnisse gegen-über. Kurze Lieferwege und damit fangfrische Qualität sowie der direkte Austausch mit Züchtern oder Berufsfischern wird nicht nur von professionellen Köchinnen und Köchen, sondern zu-nehmend auch von qualitätsbewussten Verbrauchern geschätzt. Drei Sterne-Koch wie Marco Müller aus Berlin setzt daher z.B. sehr stark auf den Eigengeschmack der Fische, der vor allem bei Fischen aus Fließgewässern oder Seen mit Bodensickerquellen zum Tragen kommt. Selbst der hierzulande zu Unrecht wenig geschätzte Weißfisch stellt mit seiner Fleischqualität viele andere Fischarten in den Schatten. So hat Marco Müller eine zu den Weißfischen zählende Rotauge gegen den beliebten Meeresfisch Wolfsbarsch blind verkostet und festgestellt, dass dieser aromatisch absolut mithalten konnte. Beim G7-Gipfel aus Schloss Elmau wurde den Regierungschefs ein Menü mit bayerischem Saibling, Forellen und Huchen serviert. Der Binnenfisch aus sauberem Wasser ohne Wachstumsverstärker und Anti-biotika ist in der ambitionierten Küche angekommen und muss die Konkurrenz des Meeresfisch-Angebots nicht mehr scheuen. Ökologisch ist er ihm ohnehin uneingeschränkt überlegen.
Am „Tag der Fische“ sollte daher auch ein Gedanke Lebensraum gewidmet sein. In Zeiten des Klimawandels wird immer mehr verstanden, dass auch unsere Gewässer für deren Tier- und Pflanzenwelt eine „Wohlfühltemperatur“ benötigen. Es ist daher für die Salmoniden (Forellenartige Fischarten) überlebensnotwendig, nicht nur reine Quellwasserqualität verfügbar zu haben, sondern für alle Fischarten sind ganz bestimmte Wassertemperaturen ein begrenzender Faktor. Da kann eine Erwärmung von nur einem Grad bereits eine Bedrohung darstellen. Wenn man weiß, dass etliche unserer Seen heute bereits eine um rund 4 0C erhöhte Temperatur aufweisen, wird die dramatische Situation vieler Fischarten und vor allem von deren Nährtieren transparent!
Unsere Fließgewässer benötigen möglichst durchgängigen Baumbewuchs zur Beschattung und zur Uferstabilisierung. Und für die stehenden Gewässer sind eine optimale Durchmischung der Wasser-schichten notwendig, wozu es u.a. ökologisch funktionierende Ufer- und Unterwasserpflanzen-Bereiche braucht. Denn nur dadurch werden auch die Voraussetzungen geschaffen, dass die Selbstreinigungskraft des Wassers erhalten bleibt. Welche Probleme es damit geben kann, wird aktuell gerade am Altmühlsee oder am Kleinen Brombachsee – beides allerdings künstlich angelegte Gewässer – deutlich.
Selbst dort am Altmühlsee – wie insgesamt im Fränkischen Seeland — wäre es aber möglich, den vorhandenen Binnenfisch besser in der Region zu vermarkten. Für diesen Schritt ist aber die Etablierung eines Berufsfischers eine notwendige Voraussetzung, um eine nachhaltige Bewirtschaftung und dauerhafte Fischbelieferung zu gewährleisten.
Veranstaltungshinweise zum heimischen Fisch:
Wer auf heimischen Fisch setzen möchte, den sei in der Region das „Gasthaus zum Hirschen“ in Muhr am See empfohlen, das zum „Tag des Fischs“ gezielt Fische aus Altmühlfranken anbieten wird.
Beim „Fränkischen SeenLand-Fischerfest“ am 11. Und 12.Oktober in Wald ist es seit elf Jahren schon Tradition, dass bei diesem Fischerfest konsequent nur auf Binnenfisch gesetzt wird! Ein Alleinstellungswert unter den vielen Fisch- und Fischerfesten in Bayern.
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