Die Zeit nach dem Abitur gestalten, dass das Kindergeld nicht verloren geht

von | 11. Mai 2023 | Altmühlfranken, Gunzenhausen, Treuchtlingen, Weißenburg

(red). End­lich das Abitur in der Tasche. Erleich­te­rung macht sich bei den dies­jäh­ri­gen Absol­ven­ten der Gym­na­si­en breit. Mona­te­lang wur­de für die fina­len Prü­fun­gen gepaukt und nun steht die gro­ße, wei­te Welt offen. Vie­le zieht es da erst­mal hin­aus. Dafür spre­chen zahl­rei­che gute Argu­men­te: sich selbst zu fin­den, völ­lig anders­ar­ti­ge Erfah­run­gen zu sam­meln und die eige­ne Per­sön­lich­keit wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Vie­le der jet­zi­gen Mög­lich­kei­ten kom­men auch nicht wie­der, wenn man erst­mal unter Ver­trag steht und eine Aus­bil­dung begon­nen hat. Doch die­se Frei­heit der Jun­gen kann zu einer Ein­bu­ße des Kin­der­gel­des füh­ren, wenn man sich nicht aus­kennt. Die Lohn­steu­er­hil­fe Bay­ern erklärt, in wel­chen Fäl­len es zu einer Fort­zah­lung des Kin­der­gel­des oder zu einer Unter­bre­chung kommt.

Kin­der­geld ab 18 gibt es nur auf Antrag

Kin­der­geld gibt es über den 18. Geburts­tag hin­aus, sofern die Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Dar­un­ter fal­len grob erklärt eine Schul­aus­bil­dung, ein Stu­di­um oder eine Berufs­aus­bil­dung. G9-Abitu­ri­en­ten haben die­se magi­sche Alters­gren­ze wäh­rend der Schul­zeit mehr­heit­lich über­schrit­ten. Zum 18. Geburts­tag hat die Fami­li­en­kas­se die Kin­der­geld­zah­lun­gen ein­ge­stellt, sofern kein Antrag auf Fort­zah­lung gestellt wur­de. Soll­te es ver­säumt wor­den sein, das Kin­der­geld Ü18 für das letz­te Schul­jahr zu bean­tra­gen, kann das im Nach­hin­ein, zumin­dest für die ver­gan­ge­nen sechs Mona­te rück­wir­kend noch getan wer­den. Dazu wird ent­we­der das For­mu­lar „Erklä­rung zu den Ver­hält­nis­sen eines über 18 Jah­re alten Kin­des“ oder der schnel­le­re online-Antrag auf der Web­site der Arbeits­agen­tur benutzt. Die Lebens­si­tua­ti­on des Kin­des muss mit einer Schul­be­schei­ni­gung belegt wer­den.

Kin­der­geld wäh­rend Aus­bil­dung oder Stu­di­um

Fängt das erwach­se­ne Kind nach dem Abitur spä­tes­tens nach vier frei­en Mona­ten eine Berufs­aus­bil­dung oder ein Stu­di­um an, ist die­se Über­gangs­zeit beim Kin­der­geld abge­deckt. Sobald der Aus­bil­dungs­ver­trag unter Dach und Fach ist, soll­te er in Kopie an die Fami­li­en­kas­se geschickt wer­den, damit es zu kei­ner Unter­bre­chung bei den Kin­der­geld­zah­lun­gen kommt. Wäh­rend der Aus­bil­dung lau­fen die Zah­lun­gen bis zum 25. Geburts­tag wei­ter, sofern jeweils der erfor­der­li­che Nach­weis vor­liegt. Wer­den die vier Mona­te Über­gangs­zeit nach dem Schul­ab­schluss über­schrit­ten, so ist das kein Pro­blem, sofern bereits ein Aus­bil­dungs­platz sicher ist.
Ange­hen­de Stu­den­ten haben ihre Imma­tri­ku­la­ti­ons­be­schei­ni­gun­gen erst mit Beginn des Stu­di­ums – in der Regel erst im Okto­ber — vor­lie­gen. Wird nach dem Abi gemel­det, dass das Kind stu­die­ren möch­te, lau­fen die Zah­lun­gen wei­ter, bis die Imma­tri­ku­la­ti­ons­be­schei­ni­gung ver­füg­bar ist. Hat es sich das Kind inzwi­schen anders über­legt, wird es zu einer Rück­for­de­rung des Kin­der­gel­des kom­men. Wer auf Num­mer sicher gehen möch­te, weil noch kei­ne end­gül­ti­ge Ent­schei­dung gefällt wur­de, kann das Kin­der­geld noch im Herbst rück­wir­kend bean­tra­gen, wenn die Ein­schrei­bung an der Uni erfolg­reich getä­tigt wur­de. Auch hier gilt, dass es das Kin­der­geld maxi­mal für die letz­ten sechs Mona­te rück­wir­kend gibt.

Was ist zu tun, wenn es nicht sofort klappt?

Attrak­ti­ve Aus­bil­dungs­plät­ze sind zum Zeit­punkt der Prü­fun­gen in der Regel schon Mona­te vor­her ver­ge­ben wor­den. Im Fal­le einer Aus­bil­dung ist es ent­schei­dend, dass sich der Absol­vent bei der Berufs­be­ra­tung der Arbeits­agen­tur oder einem Job­cen­ter per­sön­lich als aus­bil­dungs­su­chend mel­det. Über die Erklä­rung „Mit­tei­lung über ein Kind ohne Aus­bil­dungs- oder Arbeits­platz“ wird die Fami­li­en­kas­se über die­sen Sta­tus infor­miert. Solan­ge die Suche nach einer Aus­bil­dungs­stel­le ernst­haft erfolgt und mit­tels Bewer­bun­gen und Absa­gen nach­ge­wie­sen wer­den kann, bleibt der Kin­der­geld­an­spruch für die Dau­er der Aus­bil­dungs­su­che erhal­ten.
Auch Stu­den­ten erhal­ten nicht immer sofort eine Zulas­sung zu ihrem Wunsch­stu­di­um. Dem Nume­rus Clau­sus sei Dank. Hier ist es für das Kin­der­geld eben­so ent­schei­dend, dass eine Rück­mel­dung bei der Fami­li­en­kas­se erfolgt. Mit der nach­ge­wie­se­nen Stu­di­en­platz­ab­sa­ge geht der Kin­der­geld­an­spruch nicht ver­lo­ren. Vor­aus­ge­setzt, im Som­mer­se­mes­ter erfolgt eine erneu­te Bewer­bung. Die War­te­zeit in Län­ge eines gan­zen Stu­di­en­se­mes­ters kön­nen Stu­den­ten dann für belie­bi­ge Zwe­cke, wie der Ent­fal­tung ihrer Per­sön­lich­keit oder für eine Welt­rei­se, nut­zen.

Kei­nen Bock mehr auf Ler­nen und Aus­bil­dung?

Für jun­ge Erwach­se­ne unter 21 Jah­ren, die direkt nach dem Schul­ab­schluss auf der Suche nach einer fes­ten Arbeits­stel­le sind, ist es ähn­lich gere­gelt. Solan­ge der Schul­ab­sol­vent sich bei der Arbeits­agen­tur oder einem Job­cen­ter „arbeits­su­chend“ gemel­det hat und dort sei­ne Bemü­hun­gen um einen Arbeits­platz doku­men­tiert, kann er bis zum Beginn sei­ner Arbeits­auf­nah­me wei­ter­hin Kin­der­geld bezie­hen. Das Aus­üben eines Mini­jobs oder Teil­zeit­jobs mit weni­ger als 15 Wochen­stun­den wäh­rend die­ser Zeit ist für den Kin­der­geld­be­zug unschäd­lich. Wird zu einem spä­te­ren Zeit­punkt doch noch eine Aus­bil­dung begon­nen, kön­nen Kin­der­geld­zah­lun­gen erneut bean­tragt wer­den, solan­ge der 25. Geburts­tag noch nicht erreicht wur­de.

Frei­wil­li­gen­diens­te wer­den vom Staat voll unter­stützt

Jugend­li­che haben oft ein aus­ge­präg­tes Gespür für sozia­le Gerech­tig­keit oder Umwelt­schutz und wol­len sich ger­ne in die Gesell­schaft ein­brin­gen. Vie­le ent­schei­den sich daher für ein frei­wil­li­ges sozia­les, öko­lo­gi­sches oder öku­me­ni­sches Jahr und bewer­ben sich beim euro­päi­schen bzw. inter­na­tio­na­len Frei­wil­li­gen­dienst oder Bun­des­frei­wil­li­gen­dienst. Hier­bei han­delt es sich um eine ehren­amt­li­che Tätig­keit, die der Staat unter­stützt. Somit bekom­men die Eltern das Kin­der­geld wei­ter­hin aus­be­zahlt, wenn der Trä­ger des Diens­tes aner­kannt und zuge­las­sen ist. Damit es zu kei­ner Unter­bre­chung der Zah­lun­gen kommt, soll­te der Ver­trag zeit­nah bei der Fami­li­en­kas­se vor­lie­gen.

Vier Mona­te für einen frei­wil­li­gen Wehr­dienst 

Auch der Ent­schei­dung, einen frei­wil­li­gen Wehr­dienst bei der Bun­des­wehr zum Schutz des Vater­lan­des abzu­leis­ten, steht das Kin­der­geld nicht kom­plett ent­ge­gen. Wird die Grund­aus­bil­dung mit einer anschlie­ßen­den Dienst­pos­ten­aus­bil­dung absol­viert, wird zumin­dest für die ers­ten vier Mona­te – die drei­mo­na­ti­ge Grund­aus­bil­dung ein­ge­schlos­sen – Kin­der­geld gezahlt. Wer im Anschluss an die Grund­aus­bil­dung eine Aus­bil­dung bei der Bun­des­wehr beginnt, erhält Kin­der­geld auf­grund der Berufs­aus­bil­dung wie bei jedem ande­ren Unter­neh­men auch. Dabei muss es sich nicht zwin­gend um ein mili­tä­ri­sches Berufs­bild, z.B. zum Unter­of­fi­zier, han­deln, auch die Aus­bil­dung in zivi­len Beru­fen, wie etwa zum Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­elek­tro­ni­ker, gilt.

Län­ge­re Prak­ti­ka müs­sen berufs­be­zo­gen erfol­gen

Eine Mög­lich­keit, die Berufs­fin­dung abzu­si­chern, ist ein Prak­ti­kum im anvi­sier­ten Bereich. Bis zu drei Mona­te Prak­ti­kum im Inland zur Ori­en­tie­rung wer­den von der Fami­li­en­kas­se mit Kin­der­geld unter­stützt. Hier kön­nen nicht nur wert­vol­le Erfah­run­gen in der Pra­xis gesam­melt wer­den, son­dern man bekommt einen guten Über­blick, ob die spä­te­re Berufs­wahl zu einem pas­sen könn­te. In jedem Fall ist die Berufs­be­ra­tung vor­ab zu kon­tak­tie­ren. Län­ger andau­ern­de Prak­ti­ka wer­den kin­der­geld­tech­nisch bis zu zwölf Mona­te unter­stützt, aber nur, wenn sie für das Stu­di­um oder den Beruf erfor­der­lich sind. Dies ist selbst­ver­ständ­lich anhand der Stu­di­en­ord­nung oder des Berufs­bil­des nach­zu­wei­sen. Auch den Prak­ti­kums­ver­trag und die Aus­bil­dungs­in­hal­te lässt sich die Fami­li­en­kas­se in die­sem Fall vor­le­gen. Wer die beruf­li­chen Erfah­run­gen frei­wil­lig sam­melt, muss eine Unter­bre­chung beim Kin­der­geld in Kauf neh­men.

Au-pair-Auf­ent­hal­te gel­ten nicht als Aus­bil­dung

Jun­ge Damen träu­men oft­mals von einem Au-pair-Auf­ent­halt im Aus­land. So kom­men sie eine Zeit lang in ihr Wunsch­land und leben dort behü­tet in einer Fami­lie. Sie küm­mern sich dort teil­wei­se um den Haus­halt und die Kin­der der Gast­fa­mi­lie und kön­nen mit dem Taschen­geld, das sie vor Ort bekom­men, gleich­zei­tig in ihrer frei­en Zeit das frem­de Land erle­ben und erkun­den. Da eine Tätig­keit als Au-pair nicht als Berufs­aus­bil­dung ein­ge­stuft wird, besteht an sich kein Anspruch auf Kin­der­geld. Aller­dings kann die Au-pair-Zeit mit einer Sprach­aus­bil­dung kom­bi­niert wer­den, sodass man sich wie­der für das Kin­der­geld qua­li­fi­zie­ren kann. Der Umfang des Sprach­un­ter­richts ist gesetz­lich gere­gelt und muss min­des­tens 10 Wochen­stun­den bei einem zer­ti­fi­zier­ten und aner­kann­ten Sprach­in­sti­tut umfas­sen. Alter­na­tiv hilft ein Abschluss mit einem offi­zi­el­len Sprach­zer­ti­fi­kat, wie TOEFL, denn das wird als Aus­bil­dung gewer­tet.

„Work & Tra­vel“ schließt Kin­der­geld wei­test­ge­hend aus

Wer lie­ber her­um­reist und dabei Geld mit Gele­gen­heits­jobs ver­dient, ver­liert für die­se Zeit meist sein Kin­der­geld. Denn hier gilt eben­falls, eine Work-and-tra­vel-Erfah­rung ist kei­ne Aus­bil­dung. Aus­nah­men gibt es aber. Beschränkt sich das Work-and-tra­vel-Pro­gramm auf die Über­gangs­zeit zwi­schen Schu­le und Aus­bil­dung, ver­fällt der Anspruch nicht. Aber auch die Kom­bi­na­ti­on mit einem Sprach­kurs mit den­sel­ben Anfor­de­run­gen wie bei Au-pair-Auf­ent­hal­ten kön­nen zu einer Fort­füh­rung des Kin­der­geld­an­spruchs füh­ren. Und wer die War­te­zeit auf sei­nen Stu­di­en­platz damit füllt, ist eben­falls fein her­aus. Kon­kret heißt das, dass für das Win­ter­se­mes­ter kein Stu­di­en­platz zu ergat­tern war und die Bewer­bun­gen für das kom­men­de Som­mer­se­mes­ter lau­fen.

Beim Aus­lands­stu­di­um kommt es auf die Dau­er an

Solan­ge es sich um ein Aus­lands­se­mes­ter oder ‑jahr wäh­rend des Stu­di­ums han­delt, wirkt sich das nicht aufs Kin­der­geld aus. Denn hier bleibt der Haupt­wohn­sitz in der Regel in Deutsch­land bestehen und der Wohn­sitz im Aus­land weist einen vor­über­ge­hen­den Cha­rak­ter auf. Wer von Anfang an im Aus­land oder län­ger als 12 Mona­te in einem ande­ren Land stu­die­ren möch­te, bekommt das Kin­der­geld nur, wenn eine lau­fen­de Bin­dung zu Deutsch­land nach­ge­wie­sen wer­den kann. Bei einem Stu­di­um in einem der Nach­bar­län­der soll­ten z.B. die Wochen­en­den am elter­li­chen Wohn­ort ver­bracht wer­den. Ansons­ten wird erwar­tet, dass das Kind die Semes­ter­fe­ri­en regel­mä­ßig zu Hau­se ver­bringt. Bei einem Stu­di­um in den USA oder Aus­tra­li­en wird es nicht ganz so leicht, die regel­mä­ßi­ge Ver­bin­dung nach Deutsch­land nach­zu­wei­sen. Hier lässt sich die Fami­li­en­kas­se ger­ne mal die Flug­ti­ckets für die Feri­en vor­le­gen.

Ein­zig beim rei­nen Gap Year gibt es kei­ne Aus­nah­me

Oder doch? Wes­sen Hori­zont gera­de bis zu den Abschluss­prü­fun­gen reich­te und wer von der Viel­falt der Optio­nen erschla­gen ist, legt ger­ne mal ein Ori­en­tie­rungs­jahr ein, um her­aus­zu­fin­den, was er im Leben möch­te. Wer sich im soge­nann­ten „Gap Year“ unge­schickt anstellt, dem wird das Kin­der­geld lei­der gestri­chen. Es sei denn, die­ser Arti­kel wur­de auf­merk­sam gele­sen. Denn es ist nicht unmög­lich, ein Selbst­fin­dungs­jahr vor­ne­weg so zu gestal­ten, dass die Spiel­re­geln fürs Kin­der­geld ein­ge­hal­ten wer­den. Wer sich recht­zei­tig infor­miert und cle­ver han­delt, als auch der Fami­li­en­kas­se sei­ne Lebens­um­stän­de ent­spre­chend mel­det, dem fällt es nicht schwer, eine Rege­lung zu nut­zen, bei der auch ein­fach chil­len, nichts tun oder eine Welt­rei­se drin ist. Neben der Fami­li­en­kas­se berät übri­gens auch die Lohn­steu­er­hil­fe Bay­ern zum The­ma Kin­der­geld.

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