Gunzenhausen — Die Gunzenhäuser Konzertreihe ist ein kultureller Leckerbissen für Klassik-Enthusiasten. Das musikalische Angebot wird immer beliebter und so steigen die Besucherzahlen von Jahr zu Jahr. Deutlich wird dies beim Blick auf die Abo-Zahlen, wir zählen aktuell bereits 161. Vergangenen Sonntag ging es wieder los, zum Auftakt gastierten drei preisgekrönte Künstler in der Stadthalle: Andrey Godik an der Oboe, Christoph Eß am Horn und Evgenia Rubinova am Klavier.
Ein Klaviertrio mit zwei Blasinstrumenten, einmal Oboe und einmal Horn? Das klingt ungewöhnlich und in der Tat gibt es gar nicht so viele Stücke für diese Kombi. Genauer gesagt, gibt es nur die wenigen, die an diesem außergewöhnlichen Abend von den Künstlern gespielt wurden. Das Publikum hatte es demnach mit musikalischen Raritäten zu tun und teilweise mit Komponisten, die meist nicht auf der individuellen „Best of“-Liste stehen. Oder wann haben Sie zuletzt was von Heinrich von Herzogenberg oder von Robert Kahn gehört? Sehen Sie, hier wurde zu einer musikalischen Weiterbildungsreise geladen und die drei Lehrmeister waren wie geschaffen für diese Unterrichtseinheit. Andrey Godik ist seit Jahren erfolgreicher Solo-Oboist bei den Münchner Philharmonikern und bildet mit dem charismatischen Hornisten Christoph Eß, u.a. Preisträger beim Richard-Strauss-Wettbewerb, ein kongeniales Duo. Künstlerisch eingefangen wurden die beiden von der Pianistin Evgenia Rubinova, die u.a. schon mit dem London Philharmonic Orchestra aufgetreten ist.
Komponist Robert Kahn (1865–1951) versuchte mehr oder minder erfolglos in die Fußstapfen von Johannes Brahms zu treten. Er hinterließ jedoch eine wunderbare Serenade (f‑Moll op. 73), die von getragen bis gefühlvoll das gesamte Spektrum der klassischen Musik bedient. Dem Trio zuzuhören, war dementsprechend ein großer Genuss. Und es stimmt, die beiden Blasinstrumente bilden seltene Klangfarben ab und verleihen dem Spiel etwas Exotisches.
Robert Schumann (1810–1856) durfte an diesem Abend natürlich nicht fehlen, hat er das Horn doch mal als „die Seele des Orchesters“ beschrieben. Sein Enthusiasmus in allen Ehren, doch die ein oder andere Atempause mehr wäre für Spielende sicher auch nicht übel gewesen. Christoph Eß trug es mit Fassung und legte beim Adagia und Allegro (As-Dur op. 70) trotz mancher Schweißperle ein traumhaft gutes Solo hin. Schumann schrieb das Werk den damals aufkommenden modernen Ventilhörnern punktgenau und mit viel Gefühl aufs „Blech“. Eß wurde von Evgenia Rubinova unterstützt, die das Klavier außergewöhnlich zu bedienen weiß. Sie immergiert und wird eins mit den Tasten. Dementsprechend erzählt ihre Mimik von dem, was ihre Hände gerade durchmachen. Gespitzte Lippen, aufgerissene Augen, manchmal wird der Kopf nach hinten geworfen und gelächelt. Hier macht jemand nicht nur eine fantastische Arbeit, sondern lebt und liebt das was er tut.
Andrey Godiks Oboenkünste fragte Robert Schumann an diesem Abend natürlich auch noch ab. Die berühmten Romanzen (op. 94) schrieb er damals als kleine musikalische Liebesbriefe an seine Gattin, diese wurden von einem Holzblasinstrument vorgetragen, unterstützt vom Klavier. Es gibt nur drei dieser Romanzen, in Gunzenhausen wurden zwei der Kammermusikschönheiten gespielt.
Heinrich von Herzogenberg (1843–1900) war ein guter Freund von Johannes Brahms, doch auch hier war der Schatten des großen Meisters übermächtig. Nichtsdestotrotz ist sein Trio für Oboe, Horn und Klavier (D‑Dur op. 61) ein abwechslungsreiches Werk mit einem pompösen, furiosen Finale. Godik, Eß und Rubinova sezierten gekonnt die Struktur des Werkes. Deutlich wurde ihr Können auch bei der Interpretation von Carl Reineckes (1824–1910) Trio (a‑Moll op. 188), das harmonischer war, als es das „Moll“ vielleicht vermuten lässt. Es erinnerte ein wenig an Beethoven, dieses Wechselspiel aus Traurigkeit und Optimismus, angereichert mit einer sensiblen Prise unaufdringlichen Humors. Ein Genuss und ein begeisternder Auftakt in die Gunzenhäuser Klassiksaison 25/26.
Die Gunzenhäuser Konzertreihe kehrt am 16. November 2025 mit dem kongenialen Duo Anna Agafia (Geige) und Sergei Redkin (Klavier) nach Gunzenhausen in die Stadthalle zurück. Karten gibt es wie gewohnt im Vorverkauf über das städtische Kulturbüro (Tel.: 09831/508 109; E‑Mail: kulturamt@gunzenhausen.de). Die Konzertreihe wird von der örtlichen Sparkasse, dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie vom Bayerischen Musikrat unterstützt.
Foto: Stadt Gunzenhausen/Manuel Grosser