„Wir brauchen Meister, keine Master“ – Interview mit Kfz-Obermeister Stefan Schmid

Bopfingen (lind). Als Kfz-Obermeister engagiert sich Stefan Schmid, Inhaber des Drive Center Autohaus und Reifendienst Schmid in Bopfingen, seit Jahren für die Belange der Branche. Mit der WochenZeitung sprach Schmid über aktuelle Probleme.

WZ: Herr Schmid, eines der Dauerthemen in der Bundesrepublik ist das Thema Diesel, das Fahrverbote in manchen Städten für ältere Dieselfahrzeuge beinhaltet. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Stefan Schmid: Für mich ist der Diesel ein ungemein wichtiger Bestandteil in unserem Verkehrssystem. Ohne Diesel hätten wir keine Chance, die Mobilität in ihrem jetzigen Umfang aufrechtzuerhalten.
Elektroantriebe allein sehe ich nicht als Lösung, allein schon die Speicherfrage von selber erzeugtem Strom mittels PV-Anlagen auf dem Hausdach ist noch lange nicht gelöst.
Beim Thema Diesel werden auch immer wieder völlig falsche Tatsachen verbreitet: Tatsächlich haben Benziner einen höheren CO2-Ausstoß als Dieselfahrzeuge. Zu Beginn des Jahrtausends kam es daher auch politisch gewollt zu einem regelrechten Dieselhype, um diesen sparsameren Antrieb zu verbreiten. Nun soll das alles wieder falsch sein. Die Dieseltechnologie hat noch viel Entwicklungspotenzial, um sauberer und noch sparsamer zu werden.
Natürlich müssen auch die Hersteller, die uns Händler und die Kunden nachweislich getäuscht haben, endlich zur Verantwortung gezogen werden. Ganz klar müssen die Kosten einer Hardware-Nachrüstung von EURO 5 Diesel-Fahrzeugen von den Herstellern bezahlt werden, die ja wissentlich einen klaren Betrug begangen haben. Ich verstehe nicht, warum die Politik hier nicht ganz klar und eindeutig Fakten schaffen kann.

WZ: Wie viele andere Branchen auch kämpft das Kfz-Handwerk mit Nachwuchsproblemen. Wie wollen Sie das Image der Branche aufwerten?

Ja, es ist heute wirklich schwer, überhaupt brauchbare Auszubildende für das Handwerk zu bekommen. Genauso schwer ist es aber für die Autohäuser der Region auch, gute Serviceberater zu engagieren, die als Mittler zwischen Kunde und Werkstatt fungieren.
Hier sind es auch die Kunden, die mit überhohem Anspruch uns Händler und Werkstätten häufig fast schon unverschämt angehen. Beim Mechatroniker haben wir dann nach der Ausbildung häufig das Problem, dass diese von der Industrie abgeworben werden. Bei uns im Handwerk ist die Tätigkeit weitaus vielfältiger, das sollte den jungen Menschen klar sein.  Als Handwerker hast du jeden Tag unterschiedliche Arbeiten zu verrichten, die wesentlich abwechslungsreicher sind als die Arbeit in der Fabrik. Allerdings können wir mit dem Lohnniveau der Industrie einfach nicht mithalten, dafür ist das Handwerk aber einfach eine kreativere Arbeit.
Ähnlich wie im Profiußball habe ich schon vor zwei Jahren bei einer Tagung der Handwerkskammer in Ulm gefordert, dass beim Abwerben von fertigen Handwerksgesellen durch die Industrie eine Aufwandsentschädigung bzw. Ablösesumme durch die Industrie gezahlt werden müsste.
Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass statt des Solidaritätsbeitrages Gelder für Handwerk, Pflegeberufe oder andere wichtige Berufe aufgewendet werden, um diese interessanter zu machen. Natürlich sehe ich hier schon, dass hier viel utopisch ist, aber vielleicht findet sich ja eine andere Idee, um diese gesellschaftlichen Probleme langfristig anzugehen. Auch die Politik hat mit ihrem Akademisierungswahn in den letzten 20 Jahren viel falsch gemacht. Wir brauchen in Europa Meister und Ingenieure, keine Master und Bachelor.

WZ: Als Riesenthema beherrscht die E-Mobility die Schlagzeilen. Sehen Sie hier Chancen oder Gefahren für ihre Branche?

Das Umstellen auf die Elektromobilität wird für Autohäuser nicht die große Herausforderung sein. Die Elektronik in den Fahrzeugen ist heute ohnehin schon sehr komplex. Die Kfz-Innung Aalen integriert zusammen mit der Technischen Schule Aalen ohnehin schon in der Lehrzeit den Hochvoltschein. Hier sind wir Vordenker unter den Kfz-Innungen. Was künftig mehr Bedeutung bekommen wird, sind Hybridfahrzeuge, für die der Hochvoltschein ebenfalls Voraussetzung bei Reparaturen ist. Wer bei uns in der Innung ausgebildet wird ist hier fit für die Zukunft. Wie bereits erwähnt ist die Elektromobilität aber nicht die alleinige Lösung, wir werden noch lange auch Verbrennungsmotoren brauchen.

• Das Bild zeigt Stefan Schmid, Obermeister der Kfz-Innung Aalen

Foto: Georg Lindner

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