Wilhelma: Flamingo-Küken trinken im Kindergarten „Kropfmilch“

Stuttgart (wz). Den einzigen Kindergarten, der durchgehend geöffnet hat – und das trotz Corona – betreiben hierzulande die Flamingos. In der Wilhelma in Stuttgart sind in den vergangenen Wochen sechs Küken geschlüpft. Da einige Bruthügel noch besetzt sind, steht bei der gut 50-köpfigen Kolonie im Zoologisch-Botanischen Garten weiterer Nachwuchs zu erwarten. Die gleichberechtigte Aufzucht durch Mutter und Vater beginnt gleich nach der Eiablage. Schon bei der Brut wechseln sich die beiden ab. Die Betreuung des einzelnen Kükens erfolgt anschließend zusammen und auch das Männchen kann das Kleine mit einer Art „Kropfmilch“ stillen. Kindergarten heißt es in der Zoologie, weil bei den Flamingos alle gleichzeitig Eltern gewordenen Vogelpaare ihre Einzelküken in einer Gruppe betreuen. Das bietet ihnen besseren Schutz vor Beutegreifern. Die anfangs optisch kaum auseinander zu haltenden Jungvögel erkennen ihre Eltern an der Stimme. Da sie rasch wachsen, ist an der Größe abzulesen, wer von ihnen zuerst geschlüpft ist. Was nicht so flott von statten geht, ist die typische Färbung des Gefieders bei den Rosaflamingos. Die ersten Wochen ist ihr flauschiges Dunenkleid weißlich-grau. Wenn später die Deckfedern wachsen, sind diese zunächst hell- und dunkelgrau. Die markante Rosa-Pastelltönung folgt erst durch die Nahrung. Rosaflamingos verköstigen sich mit sehr kleinen Lebewesen, wie Kleinkrebsen und Insektenlarven. Die filtern sie kopfüber mit ihrem Schnabel aus dem Wasser, in dem sie stehen. Bei der Verdauung zieht ihr Körper rote Farbstoffe, die Carotinoide, heraus und lagert sie in Haut und Federn ein. Wie stark sich die Vögel färben, ist genetisch bedingt. Kubaflamingos zum Beispiel, die es früher auch einmal in der Wilhelma gab, zeigen sich letztlich von Kopf bis Fuß lachsfarben. Die benötigten Pigmente lassen sich auch als natürlicher Farbstoff dem Futter beimischen. Nach der Brut über knapp einen Monat kommen die Jungvögel zunächst mit einem kurzen und relativ geraden Schnabel auf die Welt, der erst mit der Zeit die typische Säbelform annimmt. Auch ist die Lamellenstruktur am Schnabelrand noch nicht so ausgeprägt, dass sie im Zusammenspiel mit der Zunge als Filter zu verwenden wäre. Stattdessen füttern die Eltern sie mit der einer Art „Kropfmilch“. Mutter wie Vater würgen dazu ein – dank hohem Fett- und Eiweißgehalt äußerst nahrhaftes – Sekret aus Vormagen und Speiseröhre hoch und träufeln es ihrem Küken in den Schnabel, um das Kleine schnell hochzupäppeln. Rosaflamingos haben ein großes Verbreitungsgebiet in Südeuropa, Asien und Afrika. Dort leben sie in großen Kolonien an relativ wenigen – nämlich nur grob – 30 Standorten. Ihr Vorkommen gilt nicht als bedroht. Sollte jedoch eine der Kolonien verloren gehen, beträfe das sofort einen erheblichen Anteil der Population.

 

Fotos: Wilhelma Stuttgart

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